Alle Unternehmen müssen in der Schweiz eine strenge gesetzliche Aufbewahrungspflicht der Geschäftsunterlagen erfüllen. Die Vorschriften dafür sind im Obligationenrecht (OR) und in der Geschäftsbücherverordnung (GeBüV) festgelegt. Zu beachten ist angesichts der Digitalisierung namentlich der Grundsatz der jederzeit möglichen Nachprüfbarkeit.
«Im Zweifel aufbewahren»
Geschäftsbücher, Buchungsbelege, Geschäftsberichte und Revisionsberichte sind grundsätzlich während zehn Jahren aufzubewahren. Die Geschäftskorrespondenz wie namentlich E-Mails dagegen muss grundsätzlich nur noch aufbewahrt werden, wenn sie die Funktion eines Buchungsbelegs hat. Achtung: In der jüngsten Literatur wird dringlich darauf hingewiesen, den Grundsatz „Im Zweifel aufbewahren“ zu befolgen. Namentlich bei späteren Streitigkeiten können Korrespondenzen wie E-Mails, die a priori keinen Buchungsbelegcharakter haben, allenfalls umstrittene Zusammenhänge belegen und damit der Rechtsdurchsetzung dienen.
«Unveränderbar» oder «nachvollziehbare Veränderungsmöglichkeit»
Die Geschäftsbücher müssen so geführt und aufbewahrt und die Buchungsbelege müssen so erfasst und aufbewahrt werden, dass sie nicht geändert werden können, ohne dass sich dies feststellen lässt. Die Informationen sind systematisch zu inventarisieren und vor unbefugtem Zugriff zu schützen. Zugriffe und Zutritte sind aufzuzeichnen. Diese Aufzeichnungen unterliegen derselben Aufbewahrungspflicht wie die Datenträger. Zur Aufbewahrung von Unterlagen sind unveränderbare Informationsträger zulässig sowie veränderbare Informationsträger, wenn technische Verfahren zur Anwendung kommen, welche die Integrität der gespeicherten Informationen gewährleisten.
In angemessener Frist einsehbar und verständlich
Die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege müssen so aufbewahrt werden, dass sie bis zum Ende der Aufbewahrungsfrist von einer berechtigten Person innert angemessener Frist eingesehen und geprüft werden können. Je nach Art und Umfang des Geschäfts sind die Organisation, die Zuständigkeiten, die Abläufe und Verfahren, der Datenaustausch und die Infrastruktur wie Maschinen und Programme, die bei der Führung und Aufbewahrung der Geschäftsbücher zur Anwendung gekommen sind, in Arbeitsanweisungen so zu dokumentieren, dass die Geschäftsbücher und die Buchungsbelege verstanden werden können. Im Rahmen des Einsichtsrechts muss die Möglichkeit bestehen, die Geschäftsbücher auf Begehren einer berechtigten Person auch ohne Hilfsmittel lesbar zu machen. Wichtig: Bei der Rechnungslegung muss der Grundsatz der Nachprüfbarkeit jederzeit gewährleistet sein.
Dokumente mit potenziell hohem Streitwert
Laut dem Bundesgerichtsentscheid 9C_634/2014 vom 31 August 2015 kann in einem Streitfall die Echtheit einer Unterschrift mit einem eingescannten und dann elektronisch archivierten Dokument nicht nachgewiesen werden. Deshalb gibt es bei der heutigen Rechtslage für papierene Originaldokumente mit einem potenziell hohen Streitwert tatsächlich offenbar nur eine Möglichkeit: Das Original mit der Originalunterschrift aufbewahren. Wer seinen Geschäftsverkehr trotzdem grossenteils oder ganz vollelektronisch durchziehen will, muss die elektronische Signatur einbauen. Wenn diese Signatur alle gesetzlichen Auflagen erfüllt, ist sie rechtlich unanfechtbar. Denn in Artikel 14 Absatz 2bis des Obligationenrechts steht unmissverständlich: «Der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist die qualifizierte elektronische Signatur, die auf einem qualifizierten Zertifikat einer anerkannten Anbieterin von Zertifizierungsdiensten im Sinne des Bundesgesetzes vom 19. Dezember 2003 über die elektronische Signatur beruht.»
Damit eine elektronische Signatur die gleiche Wirkung erzielt wie eine handschriftliche Unterschrift, müssen anspruchsvolle Bedingungen erfüllt sein. Diese sind im Bundesgesetz über die elektronische Signatur ZertES und der Verordnung über die elektronische Signatur VZertES genau umschrieben.