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24Mai

«Die Versicherungsbroker werden noch vermehrt unter Druck geraten»

Paul Berchtold, 42-jährig (Bild), verantwortet seit November 2017 als Chief Operating Officer und Head Marketing die operativen Geschicke der «Risk Solutions» der Aon Schweiz AG, Zürich. Zwischen 2013 und 2017 führte er als Mitglied der Geschäftsleitung die Sparte «Nationale Geschäfte» von Aon Schweiz. Davor war er bei der Zurich Financial Services und im Brokercenter Zürich/Ost- und Zentralschweiz der Basler Versicherung tätig. Im Gespräch mit den winVS-E-News unterstreicht der erfahrene Versicherungsbroker: «Die Geschwindigkeit der Konsolidierung im Schweizer Brokermarkt wird zunehmen.

 

Was ist Aon weltweit und in der Schweiz?

Paul Berchtold: Aon ist der führende globale Dienstleister für Risikomanagement sowie Versicherungs- und Rückversicherungsmakler und Berater für Human Resources. Weltweit arbeiten für Aon mehr als 50’000 Mitarbeitende in über 120 Ländern. Aon Schweiz AG erbringt umfassende Expertendienstleistungen und Beratung in den Bereichen Risikomanagement, Broking, Rückversicherungsbrokerage, berufliche Vorsorge und Investment. Rund 350 Mitarbeiter sind in den Büros in Basel, Freiburg, Lugano, Neuenburg, Nyon, Zug, Rapperswil und Zürich für das Unternehmen tätig. Die Zentrale der Schweiz ist in Zürich.

 

Wie beurteilen Sie die BrokerInitiative der Interessengemeinschaft IG B2B for Insurers + Brokers, welche die Kernprozesse im Schweizer Versicherungsmarkt bis 2020 flächendeckend digitalisieren und vereinheitlichen will?

Paul Berchtold: Die Brokerinitiative ist ein wichtiger Schritt für die Automatisierung des Versicherungsgeschäfts und bildet die Grundlage für einen strukturierten Datenaustausch. Bei der Brokerinitiative handelt es sich um ein «Alignement und Commitment» zwischen Brokern, Versicherern und Brokersoftwarehersteller mit dem Ziel, strukturierte Daten effizient verarbeiten zu können. Für uns ist dies allerdings lediglich eine erste Etappe, bei welcher versucht wird, den digitalen Wandel in der Brokerlandschaft zu beschleunigen und die Grundlagen dafür zu schaffen. In die gleiche Richtung stösst auch die am «InnovationBoard2019» angekündigte neue strategische Ausrichtung der Interessengemeinschaft IG B2B for Insurers + Brokers: Vermehrt allgemein zugängliche Services von Entwicklern fördern und zertifizieren, welche die Standards für alle Kernprozesse im Brokermarkt unterstützen. Damit soll die Umsetzung dieser Standards vereinfacht und beschleunigt werden.

 

Gibt es auch Schattenseiten?

Paul Berchtold: Was wir etwas vermissen, ist eine genügende Geschwindigkeit bei der Umsetzung der Standards seitens der Softwarehersteller. Hier würden wir uns mehr «Speed» wünschen.

 

Was unternimmt Aon im Rahmen der digitalen Herausforderungen?

Paul Berchtold: Wir befassen uns stark mit dem Thema Digitalisierung. Bevor wir uns jedoch der Digitalisierung zuwenden können, muss ein möglichst hoher Automatisierungsgrad erreicht werden. Dies hat für uns derzeit Priorität. Wir sind überzeugt, dass ein möglichst hoher Automatisierungsgrad, kombiniert mit neuen Technologien wie beispielswiese «AIl Solutions» oder «Deep Learning», interessante und gewinnversprechende zukünftige Geschäftsfelder zu entwickeln vermag. Die aktuellen «Business-to-Business (B2B)»-Austauschmöglichkeiten in der Schweiz sind indessen noch sehr beschränkt. Bei den derzeit bestehenden Lösungen kann man noch kaum von digitalisierten Lösungen sprechen. Eine der Hürden, die es zu meisten gilt, ist die Entwicklung eines einheitlichen Versicherungsstandards, wie die jeweiligen Daten zu liefern sind. Derzeit sind die Transaktionskosten zwischen dem Versicherer und dem Broker zu hoch, da weiterhin zu viele Doppelspurigkeiten bestehen und kein einheitlicher digitaler Datenaustausch schweizweit etabliert ist. Mit der neuen Strategie der Interessengemeinschaft IG B2B for Insurers + Brokers mit freiem Zugang von Entwicklern erhoffen wir uns, die notwendige Beschleunigung der Implementierung von Lösungen zu erreichen.

 

Was genau erwarten Sie von den Versicherungsbrokersoftwareherstellern zur bestmöglichen Unterstützung der Digitalisierung des Brokergeschäfts?

Paul Berchtold: Im Vordergrund steht ganz klar die Erwartung, dass mit den notwendigen Entwicklungen schneller vorangeschritten wird. Verglichen mit Softwareunternehmen mit denen Aon im Ausland zusammenarbeitet, ist die Geschwindigkeit der Implementation der erforderlichen Neuerungen in der Schweiz sehr bescheiden. Hier besteht definitiv Handlungsbedarf. Überdies ist es wichtig, dass wir die Kernprozesse der Interessengemeinschaft IG B2B for Insurers + Brokers schneller integrieren. Seitens der Versicherer wurden viele Anstrengungen unternommen, die Daten strukturiert zu liefern. Jetzt wird es nötig, dass die Broker diese strukturierten Daten nun auch in ihren Systemen voll nutzen können. Dadurch wird die Automatisierung der Prozesse beschleunigt.

 

Was hat die laufende Digitalisierung des Versicherungsbrokergeschäfts bei Aon für die Mitarbeitenden und die Kunden für Auswirkungen?

Paul Berchtold: Derzeit sind wir in einer Übergangsphase, die oft eine Doppelbelastung für Mitarbeitende darstellt und viel Flexibilität abverlangt. Wir sind froh, dass wir Mitarbeitende haben, die an die Vorteile der Digitalisierung glauben und auch bereit sind, die Extrameile zu gehen. In diesem Sinne gilt auch ein Dank an alle Mitarbeitende, die uns jeden Tag bei der Umstellung in die automatisierte und letztlich voll digitalisierte Welt unterstützen. Aufgrund der Rückmeldungen der Mitarbeitenden stellen wir fest: Durch die Optimierung der Abläufe wird Zeit geschaffen, die eine bessere Qualität der Kundenbetreuung ermöglicht.

 

Zum Schluss: Wie sehen Sie die Zukunft des Versicherungsbrokergeschäfts in der Schweiz?

Paul Berchtold: Aufgrund des stetig steigenden Margendrucks, der komplexeren regulatorischen Anforderungen sowie der rasch zunehmenden Digitalisierung werden die Versicherungsbroker in der Schweiz noch vermehrt unter Druck geraten. Es ist voraussehbar, dass das klassische Brokergeschäft für weniger komplexe Versicherungsgeschäfte vermehrt durch Online-Vergleichs- und Platzierungsmöglichkeiten verdrängt wird. Kommt dazu, dass die Kosten für die Automatisierung und die Erfüllung der strengeren Regulierungsvorgaben nach wie vor steigen und etliche Broker über ihre Nachfolge nachdenken. Demzufolge wird die Geschwindigkeit der Konsolidierung im Schweizer Brokermarkt zunehmen: Es wird immer mehr Partnerschaften, Zusammenschlüsse und auch Geschäftsschliessungen geben.

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